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Plage du Môle, Fabian zur Linden und Policia Gazules
Deutsch-spanischer Streifendienst in Südfrankreich
In meiner vierwöchigen Dienstzeit in Frankreich habe ich Einsätze erlebt, die ich nicht annähernd während meines Streifendienstes in Düsseldorf in der Polizeiinspektion Mitte hätte erleben können.
Polizei Düsseldorf, Fabian zur Linden

Im Rahmen des Programms „Europäische Kommissariate“ habe ich im Juli 2019 meinen Dienst in Agde, Südfrankreich, im Kommissariat der Police Nationale (PN) versehen. Normalerweise arbeite ich im Streifendienst bei der Polizei Düsseldorf.

Ziel des Einsatzes war es, die französische Polizei in der Haupturlaubszeit, bei der sich die Einwohnerzahl insbesondere durch europäische Touristen in Agde vervielfacht, durch gemeinsame Streifen mit der örtlich zuständigen Dienststelle zu unterstützen.

Mein Dienstort, die Stadt Agde, befindet sich in Südfrankreich in der Nähe von Montpellier am Fluss Hérault im Département Hérault. Die Stadt besteht aus verschiedenen Vierteln. Der Innenstadt von Agde, dem Grau d’Agde, dem Ortsteil La Tamarissière und dem Cap d’Agde. Die Stadt ist insbesondere für ein Nacktviertel im Cap d’Agde, dem Quartier Naturiste, bekannt.

Gewohnt habe ich auf einem Campingplatz in einem Mobilheim, das ich mir mit einem spanischen und einem französischen Kollegen teilte. Die komfortable Unterkunft wurde durch die französische Polizei kostenfrei zur Verfügung gestellt.

 

Arbeitsalltag

Meinen Dienst habe ich gemeinsam mit einem spanischen Kollegen der „Polica Nacional“, mit dem ich auch zusammengewohnt habe, bei der Groupe de Sécurité de Proximité (GSP) des Commisariat d`Agde absolviert. Zu den Aufgaben der Gruppe gehört die polizeiliche Präsenz, die Durchführung herausragender Einsätze, bei der mehr als ein Einsatzmittel erforderlich ist und die Vorführung von Beschuldigten bei Gericht. Die Organisationseinheit besteht aus zwei Gruppen mit je fünf Polizeibeamten.

Meinen Dienst habe ich grundsätzlich in deutscher Uniform mit eigener Dienstwaffe im Tagesdienst von 12 Uhr bis 20 Uhr oder von 9 Uhr bis 17 Uhr versehen. Neben den Präsenzaufgaben habe ich insbesondere Einsätze mit Beteiligung deutscher Touristen wahrgenommen. Zudem haben wir Fahr- und Fußstreifen durch die verschiedenen Stadtteile durchgeführt. Dabei blieb auch Zeit, sich ausführlich mit den französischen Kollegen über Dienstliches und Privates zu unterhalten. Neben den eigentlichen Aufgaben meiner Gruppe wurde ich zudem mehrfach durch die Kollegen gebeten, zum Kommissariat zu kommen, um bei einer Anzeigenaufnahme mit deutschen Geschädigten zu unterstützen.

Ich hatte außerdem die Möglichkeit an einer Polizeizeremonie teilzunehmen. Dies war für mich, der lediglich eine demilitarisierte Polizei kennt, extrem ungewohnt. Darüber hinaus begleitete ich den Einsatz zur Patrouille de France am Strand von Agde.

 

Herausragende Einsätze

In meiner vierwöchigen Dienstzeit in Frankreich kann ich auf drei herausragende Einsätze zurückblicken, von denen ich zwei nicht annähernd während meines Dienstes in Düsseldorf in der Polizeiinspektion Mitte hätte erleben können.

 

Waldbrand

Der erste dieser Einsätze war ein Feuer in unmittelbarer Nähe zu einer Bundesstraße. Am Einsatzort angekommen, war es für mich zum einen beeindruckend wie schnell sich ein Feuer in Büschen, Feldern und Wiesen ausbreitet und zum anderen wie professionell und schnell die Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr agieren. Während wir versucht haben die Fahrzeuge aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu lotsen, begann die Feuerwehr bereits mit den Löscharbeiten. Insbesondere die extreme Rauchentwicklung hat mich und die nervösen Verkehrsteilnehmer hierbei überrascht. So war es nicht einfach die vielen Touristen, häufig mit Wohnwagen, auf der Straße beim Wenden zu unterstützen und hierbei möglichst schnell den Verkehr abfließen zu lassen. Nachdem wir den Gefahrenbereich geräumt und die Absperrung der Straße durchgeführt hatten, konnten wir ein professionelles Arbeiten der Feuerwehr beobachten. Die Koordinierung der Einsatzkräfte der Feuerwehr aus dem Feuerwehrhubschrauber und der Anflug der Löschflugzeuge waren für mich neu und beeindruckend.

 

Tödlicher Verkehrsunfall

Der zweite herausragende Einsatz war ein tragischer,tödlicher Verkehrsunfall, bei dem ein Vater seinen 18 Monate alten Sohn auf einem Campingplatz überfahren hat. Meine Streife und ich trafen zeitgleich mit weiteren Einsatzmitteln vor Ort ein. Während die Kollegen sich unmittelbar um die Reanimation des Kindes kümmerten, betreute ich von Beginn an den Vater. Ich hätte wohl auch auf Deutsch nicht die richtigen Worte gefunden.

 

Person im Meer droht zu ertrinken

Beim dritten Einsatz befand ich mich im Rahmen der Streife in Grau d'Agde in unmittelbarer Nähe zum Strand, als wir von einer panischen Frau angesprochen wurden, dass ihr Mann mehr als 150 Meter vom Strand entfernt in Seenot sei und nicht schwimmen könne. Die Dame zeigte zeitgleich auf einen Mann im Wasser, der ihr Ehemann sei. Da sich in unmittelbarer Nähe kein Rettungsposten befand, begaben sich ein französischer Kollege und ich ins Wasser, um den verunglückten Mann zu retten. Ein weiterer Kollege übernahm hierbei die Einsatzkoordinierung mit der Leitstelle. Später stellte sich heraus, dass der Mann im Wasser nicht der Mann der panischen Frau war, sondern lediglich ein Badegast, der auf der Stelle schwamm. Das vermeintliche Opfer haben wir dann anschließend auf seinem Handtuch am Strand gefunden.

 

Gemeinsamer Erfahrungsaustausch

Neben dem Streifendienst haben wir die Gelegenheit genutzt, uns gegenseitig unsere Ausstattung zu zeigen und zu erklären. Besonders beeindruckend empfand ich die Distanzwaffen „lance grenade (MP7) und Flashball 40x46“, mit denen Personen durch Gaskartuschen und Gummigeschosse auf Distanz abgewehrt werden, sowie den Taser.

Die französischen Kollegen waren begeistert von der Überziehschutzweste, dem EMS-A und der Maschinenpistole als Ausstattung für jeden Streifenwagen und vom Streifenwagen an sich.

Nicht selten haben wir ebenfalls über das Rechtssystem in Frankreich, Deutschland und Spanien diskutiert. Dabei mussten wir feststellen, dass wir im Polizei- und im Strafprozessrecht von einem einheitlichen Europa noch weit entfernt sind.

 

Vom Dienstlichen ins Private

Durch den gemeinsamen Streifendienst und die vielen Gespräche konnte ich mein französisches Sprachniveau erheblich verbessern. Dies führte dazu, dass wir Kollegen uns immer besser verstanden. So wurden wir zu Grillabenden bei den französischen Kollegen eingeladen. Diese für mich nicht selbstverständliche Gastfreundschaft freute mich sehr und ich konnte erfahren, dass nicht nur in Deutschland der Beruf des Polizeibeamten etwas ganz Besonderes ist. Ich hoffe, dass ich den Kontakt zu den französischen und dem spanischen Kollegen halten kann und auch einmal etwas von der Gastfreundschaft zurückgeben kann.

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